Stužica

StužicaNationales-Naturreservat, Slowakei

Stužica, der größte Urwald der Slowakei ist ein Teil des Poloniny-Nationalparks und seit 2007 ein Teil des UNESCO-Weltnaturerbes „Buchenurwälder in den Karpaten“ (danach wurde der Name des Weltnaturerbes zweimal geändert und trägt jetzt den unglaublichen Titel „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“). Stužica (7,6 km2) besteht aus einem kompletten West–Ost-orientierten Bergtal in der östlichsten Ecke der Slowakei. 6,1 km2 des Reservats ist echter Urwald1 2. In der Nähe des Stužica Rieka (Bach) gibt es einige zugewachsene Wiesen. Auch der östlichste Teil des Reservats ist kein Urwald; Abholzungen begannen dort während des Zweiten Weltkriegs, aber die Grenzenverschiebungen nach dem Krieg retteten den Rest, da der Stužica Rieka jetzt in die Ukraine fließt und der Holztransport schwierig wurde2.

Die Hauptbaumarten sind Rotbuche (Fagus sylvatica), Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus) und Weiß-Tanne (Abies alba). Buche ist überall vorherrschend. Es gibt keine Rekordbäume, aber auf dem unteren Nordhang wächst trotzdem hoher Wald: die Weiß-Tanne erreicht eine Höhe von etwa 50 m. Die dicksten Tannen haben Umfänge von ca. 5 m. Mit viel Glück kann man auch Berg-Ulme (Ulmus glabra) und Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) finden. Mit zunehmender Meereshöhe steigt der Anteil vom Berg-Ahorn, aber der von Weiß-Tanne nimmt ab. Auf den höchsten Lagen gibt es auch wenige Vogelbeeren (Sorbus aucuparia). Der höchste Punkt vom Stužica ist auf 1208 m ü.M. am Dreiländerpunkt Slowakei–Polen–Ukraine knapp unterhalb dem Gipfel des Bergs Kremenec (der Gipfel auf 1221 m ist auf der polnisch–ukrainischen Grenze) und knapp oberhalb der Waldgrenze. Es ist allerdings unsicher, ob die Waldgrenze natürlich ist: auf dem nördlichen Bergkamm gibt es Freiflächen (”Poloniny”), die in der Vergangenheit als Wiese oder Weide genutzt wurden, aber wie die Freiflächen entstanden sind, ist unklar3. Überall ist reichlich Tannenverjüngung und auf dem südexponierten Hang ein üppiger Unterwuchs der Dunkeldrüsigen Brombeere (Rubus hirtus) zu sehen. Dies soll an den im Vergleich mit Westeuropa deutlich niedrigeren Populationen von Pflanzenfressern, bedingt durch die Anwesenheit von Raubtieren, insbesondere dem Wolf (Canis lupus), liegen1. Die Krautschicht ist artenarm (abgesehen von nassen Standorten), wie üblicherweise in den Buchenwäldern. Man könnte behaupten, die Flora ist etwas eintönig, aber Stužica bietet viele unterschiedliche Lebensräume: üppige und vielfältige Vegetation am Stužica Rieka und um die Quellversupfungen, steiler, schattiger Nordhang mit Hallenwald und spärlichem Unterwuchs, offenerer, heller und sanfter Südhang mit reichlich vorhandener Brombeere, niedriger Buchen–Berg-Ahorn -Wald mit üppigem Unterwuchs in hohen Lagen, viele Windwurflücken, viel totes Holz besonders auf dem Südhang, viel Tannenverjüngung, steile kleine Bachsenken. Stužica ist auch groß genug, um alle Waldentwicklungsstufen zu haben. Der niedrigste Punkt ist etwa 650 m. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt 850–1000 mm und die mittlere Jahrestemperatur 5–6°C 1. Grundgestein besteht aus Flysch2; die Böden sind fruchtbar1.

Alte Tanne ist über den Stužica Rieka gestürzt

Im wunderschönen Stužica-Reservat kann man die Ruhe der Natur geniessen – den Lärm der Zivilisation hinter den Bergen hört man nicht. Ein markierter Rundwanderweg von Nová Sedlica aus führt durch das Reservat und verläuft dann an der Nord- und Westgrenze. Am besten übernachtet man in Nová Sedlica in einer Pension oder auf einem Campingplatz. Das Wandern des gesamten Wanderpfad ist eine ziemlich anstrengende Herausforderung: Zuerst muss man bis zur Reservatsgrenze aufsteigen, dann folgt ein Zick-Zack-Abstieg zum Stužica Rieka, ein Aufstieg auf Kremenec und schließlich ein langer sanfter Abstieg zurück nach Nová Sedlica entlang der Reservatsgrenze. Es ist besser, den Pfad in diese Richtung (gegen den Uhrzeigersinn) zu wandern, da der Pfad in die andere Richtung beim ersten Aufstieg schlecht markiert ist: dann passiert es leicht, dass man eine falsche Forststraße wählt. Insgesamt ist der Pfad 19 km lang, hat einen Gesamtanstieg von 1040 m und einen gleichgroßen Abstieg. Es ist aber möglich, den Pfad auch in zwei Tagen zu wandern, mit einer Übernachtung in einer Hütte oder im danebenlegenden Zeltplatz (Útulňa pod Čierťažou, https://hiking.dennikn.sk/ar/176/utulna_pod_ciertazou.html) auf dem Bergkamm ca. 1 km nach Südwesten von der nordwestlichen Ecke vom Stužica. Alternativ kann man durch den Urwald wandern so lange wie man will und den gleichen Weg zurückkehren. Vom oberen Teil des Nordhangs eröffnet sich dank der spärlichen Strauchschicht eine interessante Aussicht auf das untere Tal zwischen den Buchenstämmen. Auf dem Weg zum Stužica kann man sehen, dass die Wälder des Nationalparks (außerhalb des Reservats) immer noch abgeholzt werden. Achtung: Stužica liegt an der Außengrenze der EU, und Polizei patrouilliert auch auf den Forstwegen, welche zu Stužica führen – Seien Sie bereit, Ihren Reisepass oder Personalausweis vorzuzeigen!

KR & TM

Referenzen:

  1. Korpel’, Š. (1995): Die Urwälder der Westkarpaten. Gustav Fischer Verlag.
  2. http://www.pralesy.sk/
  3. Nadler, K. (2019): Botanische und ökologische Notizen zum Naturwaldreservat Stužica in den ostslowakischen Karpaten. Stapfia 111: 206–238.