Extra: Makaronesien

Makaronesien

Makaronesien ist eine biogeografische Region, die aus den Inselgruppen Kanaren, Selvagens, Madeira, Azoren und Kap Verde besteht1. Obwohl Makaronesien nicht zum eigentlichen Bereich dieser Website gehört, ist die Region besonders interessant, weil die einzigen feuchten immergrünen Laubwälder in der Umgebung Europas sich hier befinden. Im Mittelmeerraum gibt es auch immergrüne Laubwälder, aber diese sind Hartlaubwälder mit langen trockenen und heißen Sommern. Die niedrigen Lagen der makaronesischen Inseln sind auch trocken, aber in der Wolkenzone der Nordost-Passatwinde kompensiert das Kondensationswasser vom Nebel den Regenmangel im Sommer, und dadurch tritt das ganze Jahr über kein Trockenstress auf2. Der in dieser feuchten Zone wachsende Lorbeerwald, „Laurisilva“, auch Monteverde-Wald genannt, beinhaltet auch die urigsten Wälder Makaronesiens. Der Lorbeerwald gilt als verarmtes Relikt ähnlicher Wälder, die im späten Tertiär große Gebiete im Mittelmeerraum bedeckten, dort aber aufgrund des einsetzenden Mittelmeerklimas mit trockenen Sommern ausstarben1.

In trockeneren niedrigen Lagen besteht die Vegetation aus Buschwälder, Buschland und Grasland3 4. Die höchsten Lagen sind auch trockener, weil sie über der Wolkestufe sind6; ihre Vegetation besteht meist aus Buschland3. Auf den Kanaren gibt es eine von Kanarenkiefer (Pinus canariensis) bestehende Nadelwaldstufe über dem Lorbeerwald3. Wenn die Kanarischen Inseln als ein Teil Europas betrachtet werden, wäre die Kanarenkiefer die vierthöchste natürliche Baumart Europas: der höchste berühmte Baum auf Teneriffa ist 56,7 m 5.

Ursprünglich existierte der Lorbeerwald auf allen Kanarischen Inseln (auf Lanzarote und Fuerteventura nur winzige Relikte) 7, auf Madeira sowie auf ihrer Nachbarinsel Porto Santo und auf den Azoren4. Derzeit bleiben nur 12,5% vom ursprünglichen Lorbeerwald übrig, hauptsächlich im Garajonay-Nationalpark auf der Insel La Gomera (eine der Kanarischen Inseln) und auf Madeira1. Z.B. auf Gran Canaria sind die Lorbeerwälder auf weniger als 1% ihrer ursprünglichen Gesamtfläche geschrumpft7 und auch diese sind weit vom natürlichen Zustand8. Porto Santo, Lanzarote und Fuerteventura haben ihren Lorbeerwald vollständig verloren4 7. Auf den Azoren ist der Wald ziemlich degradiert9.

Der Garajonay-Nationalpark beheimatet den größten (40 km2) und am besten erhaltenen Lorbeerwald auf den Kanarischen Inseln10. Garajonay ist auch ein UNESCO-Weltnaturerbe. In der Literatur und Naturfilmen wird Garajonay oft als “Urwald” bezeichnet aber echter Primärwald kann nur in schwerzugänglichen Standorten erwartet werden7. Man kann alte gesägte Stümpfe in den Randbereichen sehen. In den größeren Tälern fehlen oft alte Bäume, in manchen Tälern sind sogar Zeichen von alten Siedlungen zu sehen. Auf Hängen und in kleineren Tälern gibt es aber Gebiete, die eher unberührt aussehen. Die Beweidung wurde bis in die vierziger Jahre des letzten Jahrhunderts beibehalten und ihre Auswirkung auf den Unterwuchs war erheblich; besonders der südliche Teil vom Garajonay (inkl. die höchste Gipfeln) ist stark degradiert10. Seit mehreren Jahrzehnten hat es aber sehr wenig menschliche Einflüsse gegeben10. Eingeführte Ratten, Mäuse, Kaninchen und Katze gibt es viel11.

Auf Madeira gab es keine Bevölkerung vor der Ankunft der Portugiesen im Jahr 1419. Die ursprünglichen Wälder auf der trockeneren südlichen Hälfte der Insel wurden seitdem vollständig zerstört4, aber auf den Nordhängen gibt es noch Gebiete, die noch sehr nah an ihrem ursprünglichen Zustand sind12. Die am besten erhaltenen Gebiete haben einen besonderen Schutz als Naturreservate4. Ein großer Teil dieses Waldes ist auch als eine UNESCO-Weltnaturerbe „Laurisilva von Madeira“ geschützt. Im Vergleich zum Garajonay ist der Wald Madeiras viel größer (etwa 150 km2), besser erhalten, üppiger mit ein wenig höheren Bäumen, feuchter, kühler und wächst auf steileren Hängen9. Aufgrund des feuchteren Klimas wächst der „Laurisilva“ Madeiras in niedrigeren Lagen.

Da diese vulkanischen Inseln nie mit einem Kontinent verbunden waren13, ist die subtropische Üppigkeit hier mit einer geringen Diversität bei Pflanzen und Tieren kombiniert. Der Lorbeerwald wird nur von etwa 20 Baumarten gebildet, von denen etwa die Hälfte sehr selten sind. Die zahlreicheren Arten sind Kanaren-Lorbeer (Laurus novocanariensis, der häufigste Baum im kanarischen Lorbeerwald), Stinkender Lorbeer (Ocotea foetens, der häufigste Baum im Madeirischen Lorbeerwald), Indische Persea (Persea indica), Kanaren-Stechpalme (Ilex canariensis), Gagelbaum (Morella faya) und Hohe Picconie (Picconia excelsa); auf den Kanaren auch Lorbeerblättrige Schneeball (Viburnum tinus subsp. rigidum) und auf Madeira Maiglöckchen-Zimterle (Clethra arborea). In den exponierten Standorten und in der Nähe der Waldgrenze ist Baum-Heide (Erica arborea) häufig, auf Madeira auch Besen-Heide (E. scoparia) und Madeira Heidelbeere (Vaccinium padifolium). Stinkender Lorbeer ist die höchste Art und erreicht auf Madeira ca. 40 m und auf den Kanaren etwas über 30 m (auf dem nordwestlichsten Kanarischen Insel, La Palma, kann er etwas höher werden). Hinweis: Die Behauptung von Bestimmungsführern, dass Kanaren-Stechpalme nur 10 m erreichen würde3 6, ist falsch: das höchste Exemplar, das ich gemessen habe, ist 28,0 m. Ähnlich wird die Maiglöckchen-Zimterle nicht „bis 8 m“ 4 sondern bis ca. 20 m (die Messungen mit TruPulse 200X -Laser). Die meisten der häufigen Baumarten bilden kontinuierlich basale Triebe; Einzelstämme werden nicht dick, sondern sterben schließlich und werden durch jüngere äußere Stämme ersetzt. Der Prozess führt zu Stammbündeln, die für diesen Waldtyp charakteristisch sind. Insbesondere entwickeln alte Indische Persea und Stinkender Lorbeer enorme basale Knollen, aus denen die Triebe hervorgehen. Baumheide wächst auf Hängen oft fast waagrecht. Fast alle Arten sind immergrün. Die Unterschiede zwischen manchen Arten sind klein, aber es ist relativ einfach zu lernen, die wichtigsten Arten zu identifizieren. Die basalen Triebe helfen bei der Bestimmung, wenn die Baumkrone außer Reichweite ist. Auf Stämmen wächst reichlich Moos. Der Unterwuchs ist eher spärlich und besteht hauptsächlich aus Baumjungwuchs; Farne kommen stellenweise vor.

Die Levadas (künstliche Wasserläufe mit begleitenden Pfaden) von Madeira sind ein beliebtes Wanderziel. Entlang dieser ist das Wandern sehr einfach (wenn man keine Höhenangst hat!). Im Garajonay befinden sich die meisten Wanderwege in der Nähe der Straßen und der Grenzen des Parks.

KR

Referenzen:

  1. Nogué, S. et al. (2013): The ancient forests of La Gomera, Canary Islands, and their sensitivity to environmental change. Journal of Ecology Volume 101, Issue 2, pp 368–377.
  2. Izquierdo, T., de las Heras, P. & Márquez, A. (2011): Vegetation indices changes in the cloud forest of La Gomera Island (Canary Islands) and their hydrological implications. Hydrol. Process. 25, 1531–1541.
  3. Schönfelder, P. (2012): Die Kosmos-Kanarenflora. Kosmos.
  4. Press, J. R. & Short, M. J. (1994): Flora of Madeira. The Natural History Museum, London.
  5. https://www.monumentaltrees.com/de/
  6. Hohenester, A. & Welss, W. (1993): Exkursionsflora für die Kanarischen Inseln. Ulmer.
  7. Kunkel, G. (1993): Die Kanarischen Inseln und ihre Pflanzenwelt, 3. Ed. Gustav Fischer Verlag.
  8. Airaksinen, O., Bäck, S. & Mäkelä, K. (1987): Gran Canarian metsistä 2. Los Tiles de Moya – ikivihreä laakeripuumetsä. Sorbifolia 18(2).
  9. World Heritage Nomination – IUCN Technical Evaluation: The Laurisilva of Madeira (Portugal).
  10. https://www.gobiernodecanarias.org/parquesnacionales/
  11. Führer des Nationalparks Garajonay und der Insel La Gomera. CNIG.
  12. Costa Neves, H. et al. (1996): Laurissilva da Madeira, caracterização quantitativa e qualitativa. Governo regional.
  13. Wildpret, W. & Martín, V. E. (1997): Laurel forest in the Canary Island: biodiversity, historical use and conservation. Tropics 6(4): 371–381.