Urwaldgebiet Höllbachgspreng, Nationalpark Bayerischer Wald, Deutschland
Das Höllbachgspreng ist ein Felsmassiv unterhalb des Großen Falkensteins, das von einem urwaldartigen Wald bedeckt ist.
Das Höllbachgspreng befindet sich in den oberen Hanglagen am Osthang des Großen Falkensteins auf einer Höhe zwischen 990 und 1.200 Metern. Die Temperatur beträgt im Jahresdurchschnitt 4,5° C. Das Höllbachgspreng umfasst ein zum Teil senkrecht abfallendes Felsmassiv aus Schiefergneisen, die mit der auffälligen Schwefelflechte bedeckt sind. Hier vereinen sich drei Bergbäche in einer feuchtkalten Mulde zum Großen Höllbach, der das Urwaldgebiet in zahlreichen kleineren Kaskaden (Bild unten) durchfließt und an der Nordgrenze einen Wasserfall bildet.
Das Höllbachgspreng hat eine ähnliche Schutzhistorie wie die Mittelsteighütte und andere „Urwaldgebiete“ im Inneren Bayerischen Wald: Bereits im Jahr 1863 soll der damalige König von Bayern, Max II, den Befehl erlassen haben, das Gebiet im „Urzustand zu belassen“. 1914 grenzte man ein „Schongebiet“ ab, welches man 1941 auf eine Fläche von 51,3 Hektar zum Naturschutzgebiet erklärte. 1978 wurde eine Waldfläche von 96,4 Hektar als Naturwaldreservat ausgewiesen, wobei das frühere Naturschutzgebiet das Kerngebiet bildete. Seit 1997 ist das Höllbachgspreng Teil des Nationalparks Bayerischer Wald. Im Unterschied zur Mittelsteighütte war das Höllbachgspreng durch seine steile und felsige Lage viel schwieriger zugänglich und es sind heute keine historischen Nutzungsspuren mehr sichtbar. Der Gegenhang im Osten des Höllbachs war jedoch bis zur Nationalparkerweiterung 1997 intensiv bewirtschaftet.
Am südlichen Rand des Urwalds, auf 970 Meter Höhe, hat man im 19. Jahrhundert den Höllbach zu einem künstlichen Teich angestaut, der Höllbachschwelle. Diese wurde angelegt, um auf dem Höllbach südlich des Urwaldgebietes Holz zu transportieren (triften). Der zu diesem Zweck begradigte und befestigte Bachlauf wurde zwischenzeitlich von der Nationalparkverwaltung renaturiert, d.h. ein frei fließendes Bachbett wiederhergestellt. Auch wenn dieser Abschnitt außerhalb des ursprünglichen Naturschutzgebietes liegt, finden sich hier auf der Westseite des Höllbachs ebenfalls urwaldartige Waldbestände mit großen alten Bäumen und Totholz. Ein Wanderweg auf den Großen Falkenstein durchzieht das Höllbachgspreng. An der Höllbachschwelle befindet sich eine alte Holzhütte, die man zum Übernachten mieten kann. Im Höllbachgspreng findet man ein vielfältiges Mosaik unterschiedlicher Waldgesellschaften und Lebensräume. Bemerkenswert sind vor allem die für den Inneren Bayerischen Wald seltenen Schluchtwaldgesellschaften wie subalpiner Ahorn-Buchenwald und Ulmen-Bergahorn-Schluchtwald. Diese befinden sich in einem sehr guten Erhaltungszustand und weisen eine ausgeprägte Hochstaudenflur mit Pflanzen wie z.B. Alpen-Milchlattich (Lactuca alpina), Weißer Pestwurz (Petasites albus, Bild unten) und Österreichischer Gämswurz (Doronicum austriacum) auf. Hier findet man die größten Exemplare des Bergahorns (Acer pseudoplatanus, Bild rechts) des Nationalparks außerhalb der Schachten (ehemalige Bergweiden). Ergebnisse des Laserscanning des Nationalparks zeigen mehrere Fichten über 50 Meter Höhe für das Höllbachgspreng, außerdem findet sich hier die höchste derzeit bekannte Vogelbeere (Sorbus aucuparia) mit 23,5 Metern Höhe.
Dagegen sind die südwestlichen Bereiche des Urwaldgebiets von Fichtenblockwäldern geprägt. Hier ist die häufigste Baumart die Gemeine Fichte (Picea abies), wobei der alte Fichtenbestand aktuell durch Buchdruckerbefall sukzessive zusammenbricht.
Eine Besonderheit ist die regelmäßige Brut des Wanderfalken (Falco peregrinus) in den Felswänden. Darüber hinaus ist das Höllbachgspreng aber trotz der naturnahen Waldstrukturen arm an Vogelarten: Der Zoologe Wolfgang Scherzinger konnte Mitte der 1980er Jahre nur 36 Arten nachweisen. Scherzinger führte dies auf ein ungünstiges Klima (Kaltluftstrom entlang des Bachs) und die isolierte Lage inmitten damals intensiv bewirtschafteter Wälder zurück.
Von allen „Urwaldgebieten“ im Bayerischen Wald ist das Höllbachgspreng wohl das ästhetisch ansprechendste und besonders „fotogen“: Viel Totholz und große alte Bäume, insbesondere die alten und teilweise von Epiphyten (z.B. Gewöhnlicher Tüpfelfarn (Polypodium vulgare)) bewachsenen Bergahorne tragen maßgeblich zum urwaldartigen Charakter bei. Die teilweise üppige Vegetation, steile Felsformationen und dazwischen der tosende Höllbach mit seinen Kaskaden bieten zahlreiche Fotomotive und ein „Urwalderlebnis“, welches im Gegensatz zu Mittelsteighütte und Hans-Watzlik-Hain kaum durch Baumstöcke und Schnittflächen (z.B. wegen Verkehrssicherheit) getrübt wird.
TM
Referenzen:
https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6llbachgspreng
Preuhsler, T. 1997: Waldwachstumskundliche Beobachtungen im Fichten/Tannen/Buchen-Urwaldreliktbestand „Höllbachgspreng“ bei Zwiesel, in: Allgemeine Forst und Jagdzeitung Heft 6/7 1997)
Scherzinger, Wolfgang 1985: Vögel im Urwald: Die Vogelwelt der Urwaldgebiete im Inneren Bayerischen Wald (Nationalparkverwaltung Bayerischer Wald 1985)
https://www.monumentaltrees.com/de/deu/bayern/regen/9732_hollbachgspreng/