Nadžak-Bilo-Urwaldreservat, Kroatien
Das größte Gebirge Kroatiens, der Velebit, beherbergt auch einige der großartigsten Urwaldreste Kroatiens. Unter diesen Urwäldern und Reservaten, von denen viele über hundert und einige über tausend Hektar groß sind, umfasst Nadžak Bilo nur ca. 18 ha. Außerdem liegt Nadžak Bilo auf einem hohen und scheinbar exponierten Bergrücken. Wie kommt es dann, dass dieses kleine Waldreservat einen der stattlichsten Wälder Kroatiens, vielleicht sogar Europas, beinhaltet? Trotz der geringen Größe des Reservats gibt es hier eine große Konzentration von sehr großen Bäumen, darunter auch zwei Rekordexemplare. Es gibt keine Information darüber, warum oder wann das Reservat gegründet wurde, aber es scheint, dass Nadžak Bilo aufgrund seines alten Baumbestands für die Forschung genutzt wird. Nadžak Bilo ist ein Beispiel dafür, wie prächtige Wälder und Rekordbäume an den entlegensten und scheinbar unbedeutendsten Orten versteckt sein können, und es ist besonders interessant für die Untersuchung der Generationszyklen von Urwäldern.
Der Urwald von Nadžak Bilo ist nicht nur im nördlichen Velebit, sondern auch in Kroatien einzigartig. Er umfasst mehrere sehr große Dolinen, Hänge und Bergrücken, die sich direkt unter den hohen Gipfeln über dem Krasno-Tal befinden. Obwohl der Urwald nicht groß ist, ist er ziemlich abgelegen und vermittelt ein starkes Gefühl von Wildnis. Die Dolinen sind groß genug, um wie kleine Täler die Zusammensetzung des Waldes zu beeinflussen und eine Vielfalt von Standorten zu schaffen. In den Dolinen gibt es tiefere Böden, höhere Luftfeuchtigkeit und besseren Windschutz als auf den umliegenden Gipfeln und Bergrücken. Dies zeigt sich in dem üppigen Unterholz aus Farnen und Pestwurzen (Petasites spp.) sowie in der Moosdecke. Aufgrund der Topografie finden sich unterhalb der Bergkämme mit kleinen und verkümmerten Bäumen sehr ertragreiche Wälder mit hohen Bäumen, die einen starken Kontrast bilden. Der Urwald weist abgesehen von Forschungsmarkierungen keine Anzeichen menschlichen Einflusses auf und liegt auf einer Höhe von ca. 1300–1400 m. Klimadaten von anderen ähnlichen Standorten auf dem Velebit zeigen, dass die Jahresmitteltemperatur unter 5 °C liegt, während die jährliche Niederschlagsmenge über 2200 mm beträgt. Nadžak Bilo ist einzigartig wegen seiner Bäume und der interessanten Entwicklungsstadien des Urwalds. Obwohl alle Stadien der Waldentwicklung beobachtet werden können, ist der Übergang vom späten Optimalstadium und Zerfallsstadium zum Stadium des Heranwachsens besonders interessant. In bestimmten Teilen des Reservats gibt es sehr große und alte Einzelbäume, die auch die größten und ältesten überlebenden Individuen ihrer Generation sind. Unmittelbar um diese Baumveteranen, von denen viele abgestorben sind, stehen viele junge Buchen. Wenn die letzten Baumriesen an solchen Standorten fallen und verrotten, hinterlässt der junge Buchenwald keinerlei Hinweise darauf, dass dort früher größere Bäume standen. Diese Generationsdynamik zeigt, wie trügerisch die Zusammensetzung von Wäldern sein kann und wie die heutige Artenzusammensetzung durch die früheren Eigenschaften des Waldes beeinflusst werden. Die Untersuchung solcher Situationen ermöglicht es uns zu verstehen, dass das menschliche Leben nur ein kurzer Einblick in den Lebenszyklus eines Waldes ist.
Die häufigsten Baumarten in Nadžak Bilo sind Rotbuche (Fagus sylvatica), Weiß-Tanne (Abies alba), Fichte (Picea abies) und Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus). Alle diese Baumarten erreichen große Dimensionen. Hänge gibt es nach allen Himmelsrichtungen, am häufigsten jedoch nach Norden, Osten und Westen. Typisch für die Karsttopografie sind Felskuppeln und -abstürze. Ein Teil vom Nadžak Bilo ist noch nicht erforscht, und es gibt fast keine Artikel, die ihn beschreiben. Vielleicht werden noch weitere Bäume von großer Höhe und Größe entdeckt. Aus diesem Grund stammen die Informationen in diesem Bericht direkt von persönlichen Erkundungen sowie von unserem Führer, der den Wald gut kennt. Um Nadžak Bilo zu erreichen, sollte man sich einen Führer suchen.
In fast allen kroatischen Urwaldreservaten an unteren Berglagen wachsen Nadelbäume mit Stammumfängen von bis zu 500 cm und Höhen von bis zu ca. 50 m. Gebirgsreservate mit günstigen Wachstumsbedingungen umfassen eine relativ große Fläche, und viele dieser Reservate haben eine Größe von mindestens 100 ha. Und doch wurden in den 18 ha Urwald von Nadžak Bilo sowohl die höchsten als auch die größten Nadelbäume der kroatischen Urwälder in Sichtweite zueinander gefunden. In einem wissenschaftlichen Artikel wurde behauptet, dass im Nadžak Bilo eine Tanne mit einem Stammdurchmesser von mehr als 185 cm und einem Alter von über 500 Jahren zu finden war. In anderen Berichten wurde jedoch behauptet, dass dieses Reservat in Wirklichkeit gar nicht existiert und es sich um einen Wirtschaftsforst handelt. Bevor ich das tatsächliche Reservat besuchte, hatte ich die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass es sich bei der großen Tanne um eine Verwechslung mit der Zar-Tanne (“Car Jela”) handelte. Dieser Baum wächst in der gleichen Region des Velebit-Gebirges und wird von einigen Quellen als die größte Tanne Europas bezeichnet. In der Tat handelt es sich um einen riesigen Baum mit einem Stammumfang von über 630 cm, einem geschätzten Volumen von mindestens 60 m3 und einer Höhe von 48 m mit einer stark beschädigten Spitze, die wahrscheinlich in der Vergangenheit vom Blitz getroffen wurde. Das Alter wurde auf etwa 500 Jahre geschätzt, und nach dem Durchmesser des Stammes an der Bruchstelle zu urteilen, könnte die frühere Höhe mindestens 55 m betragen haben. Als ich schließlich das Reservat Nadžak Bilo besuchte, wurde mir jedoch klar, dass es in diesen Bergen noch weitere Riesentannen gab. Die schlechten Forststraßen und eine steile Wanderung führten zu einem scheinbar unbedeutenden, bewaldeten Bergrücken, der als schlechtester Ort schien, um große Bäume zu finden. Doch als wir den Kamm erreichten, zeigte sich auf der anderen Seite des Hangs eine große Senke. Dort, weniger als hundert Meter entfernt, befinden sich die Überreste eines Titanen unter den Bäumen, der noch gelebt haben könnte, als Kolumbus in Amerika landete.
Diese Tanne von Nadžak Bilo ist heute tot, aber als sie noch lebte, war sie mit Sicherheit der größte Baum in den Bergurwäldern Kroatiens. Sie war eindeutig viel größer als alle anderen Bäume im Nadžak Bilo, von denen einige ebenfalls sehr groß sind. Nach dem zu urteilen, was von dem Baumriesen übrig geblieben ist, hatte dieser Baum wahrscheinlich ein Volumen von ca. 60 m3. Seine Höhe wurde nie gemessen, aber andere, viel jüngere Tannen im Nadžak Bilo sind über 45 m hoch, so dass ein Baum dieses Alters und dieser Größe weit über 50 m hoch gewesen sein könnte. Mit einem Umfang von ca. 700 cm scheint sie sogar stärker zu sein als die Zar-Tanne, was jedoch auf ihren Standort auf einem Hang zurückzuführen sein könnte, während die Zar-Tanne auf ebenem Gelände steht. Auf steilen Hängen wachsende Bäume werden oft etwas oberhalb des Bodens auf der höheren Seite gemessen. Dadurch scheint der Umfang von Bäumen auf Hängen größer zu sein als der von Bäumen in der Ebene, selbst wenn sie ansonsten die gleiche Form und das gleiche Stammvolumen haben. Wenn der Umfang vom höchsten Punkt des Bodens aus gemessen wird, ist er bei beiden Tannen etwa gleich (über 630 cm).
Wo es einen Baumriesen gibt, gibt es auch einen anderen. Nur wenig weiter unten auf dem gleichen Hang wird eine alte Fichte sichtbar, die wie eine riesige Säule über den Waldboden ragt und scheinbar kein Ende hat. Wenn man jedoch hoch oben durch das Blätterdach blickt, erkennt man, dass der Stamm gebrochen ist. Möglicherweise ist die Fichte von Nadžak Bilo einst der höchste einheimische Baum Europas gewesen und sie lebt immer noch, aber derzeit ist ihr Stamm bei ca. 35 m gebrochen. Die obere Hälfte liegt neben der Basis und ist noch 24 m lang bis zur zerbrochenen Spitze. Nach der Breite des Wipfels an der Bruchstelle zu urteilen, schätzte unser erfahrener Führer aus dem Naturpark Velebit, dass er im ungebrochenen Zustand mindestens 5 m länger war. Er hatte den ganzen Baum früher gesehen und erinnerte sich, dass er alle anderen hohen Exemplare in seiner Umgebung überragte. Nach dieser Schätzung wäre der Baum mindestens 64 m hoch gewesen und damit der höchste seiner Art sowie der höchste einheimische Baum Europas! Der Baum ist außerdem massiv und hat einen Stammumfang von ca. 550 cm. Das Stammvolumen wird auf ca. 45 m3 vor dem Bruch geschätzt, es könnte sich um die größte bekannte Fichte Kroatiens handeln, zusammen mit den größten Individuen von Štirovača.
Da der Stamm dieser Fichte jedoch gebrochen ist und die eigentliche Spitze nur noch aus Splittern besteht, gibt es keine Möglichkeit, die genauen Maße zu bestätigen und die genaue Höhe zu ermitteln. Es handelt sich jedoch zweifellos um eine der höchsten Fichten, die jemals gefunden wurden, und sicherlich um die höchste Fichte Kroatiens. Neben diesem Baum erwähnte unser Führer noch eine andere Fichte von ähnlicher Größe, die von einem Sturm entwurzelt wurde, aber wir haben diesen Standort noch nicht besucht. Unmittelbar neben der abgebrochenen aber noch lebenden Fichte steht eine weitere riesige Tanne, deren Stamm ebenfalls in zwei Hälften gebrochen ist, aber der Baum lebt noch. Sie hat einen Stammumfang von ca. 515 cm und könnte im intakten Zustand ein Volumen von bis zu 35 m3 gehabt haben.
Neben diesen Baumriesen gibt es noch weitere große Tannen und Fichten mit Stammumfängen von 440–500 cm und Höhen von ca. 50 m. Die Buchenbestände sind imposant, und einige Bäume sind über 350 cm stark und 40 m hoch. Nadžak Bilo ist aufgrund seiner geringen Größe nicht ganz so vielfältig wie einige andere Wälder. Seine abgelegene Lage in der Nähe der Gipfel, der Kontrast zwischen Bergkämmen und Dolinen, die Erhaltung, die Rekordbäume und die unglaubliche Landschaft machen ihn jedoch zu einem der großartigsten Waldreservate Kroatiens.
DJ (Übersetzung KR)
Referenzen:
https://repozitorij.sumfak.unizg.hr/islandora/object/sumfak%3A1750/datastream/PDF/view