Extra: Kaukasus – Nordiran

Kaukasus Nordiran

Diese Region von der Ostküste des Schwarzen Meeres bis zum Nordiran gehört nicht zum eigentlichen Bereich dieser Website, wird hier jedoch kurz erörtert, da ihre Waldtypen denen der europäischen gemäßigten Zone ähneln und dort größere urwaldartige Flächen erhalten sind. Ich werde die wichtigsten Waldregionen sehr kurz vorstellen und einige bemerkenswerte Reservaten ein bisschen genauer beschreiben.

Einheimische nennen die Tieflandregionen „subtropisch“, aber das Klima sollte besser als warm-gemäßigt bezeichnet werden. Die Jahresmitteltemperatur beträgt ca. 15°C und die jährliche Niederschlagsmenge 1200–2000 mm 1. Im Tiefland Westgeorgiens und an den angrenzenden Gebieten gab es einen glazialen Refugialraum2, der dazu führt, dass dort viele regionale Endemiten gefunden werden können. Die Baumflora ist etwas reicher als in Westeuropa auf ähnlichen Standorten aber ärmer als im östlichen Nordamerika und vor allem in Ostasien3.

In der Nähe der Schwarzmeerküste gibt es nasse Bruch- und Auwälder mit Kaukasischer Schwarz-Erle (Alnus glutinosa subsp. barbata), Gemeiner Esche (Fraxinus excelsior) und Kaukasischer Flügelnuss (Pterocarya fraxinifolia). Diese Wälder sind insbesondere in Georgiens Kolkheti-Nationalpark geschützt.2

Neben den obengenannten Feuchtwäldern war das Tiefland in der Nähe des Schwarzen Meeres ursprünglich von artenreichen Laubwäldern bedeckt, dominiert von Stiel-Eiche (Quercus robur subsp. imeretina), Hartwiss-Eiche (Q. hartwissiana), Trauben-Eiche (Q. petraea subsp. iberica), Kaukasischer Zelkove (Zelkova carpinifolia), Hainbuche (Carpinus betulus), Edel-Kastanie (Castanea sativa) und Orient-Buche (Fagus orientalis). Der Unterwuchs in diesem und den meisten anderen Waldtypen des West-Kaukasus besteht typischerweise aus einer dichten, meist immergrünen, vegetativ verbreitenden Strauchschicht. Die häufigsten Arten sind Pontischer Rhododendron (Rhododendron ponticum) und Lorbeer-Kirsche (Prunus laurocerasus). Die Strauchschicht ist oft nur etwa einen Meter hoch, aber diese Arten können in günstigen Verhältnissen mehr als 10 m erreichen. Die Tieflandwälder wurden größtenteils für die Landwirtschaft gerodet. In der Sowjetzeit wurde fast die komplette Tee- und Zitrusfrucht-Produktion der Sowjetunion im Tiefland Westgeorgiens angebaut. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion war die Produktion nicht mehr rentabel und große Gebiete wurden zu verwildertem Buschland. Das Ajameti-Reservat schützt jedoch erhebliche Überreste (47 km2) der ursprünglichen Wälder.2

Die Baumartenvielfalt nimmt mit zunehmender Höhe ab. Die Vorberge werden von Natur aus von Trauben-Eiche, Hainbuche, Orientalische Hainbuche (Carpinus orientalis), Orient-Buche und Edel-Kastanie dominiert, mit immergrüner Strauchschicht.2

Die nächste Stufe wird allein von der Orient-Buche dominiert, mit der obengenannten immergrünen Strauchschicht. Zu dieser Stufe gehört der regenreichste Ort im Kaukasus sowie in der ganzen ehemaligen Sowjetunion, ein Biodiversitäts-Hotspot1 geschützt im Mtirala-Nationalpark (158 km2) und im angrenzenden Kintrishi-Naturreservat (139 km2) in der südwestlichen Ecke Georgiens. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt mehr als 2500 mm, sogar bis 4000 mm 4 an einigen der obersten Hänge. Die Wälder wurden oft als gemäßigte Regenwälder bezeichnet. Der Wald in höheren Lagen zeigt nahezu keine sichtbaren menschlichen Einflüsse, es gibt zahlreiche große und tote Bäume, obwohl einzelne Bäume vor der Gründung der Schutzgebiete gefällt wurden5. Neben der Orient-Buche kommen Edel-Kastanie, Hainbuche und Kaukasische Schwarz-Erle häufig vor4. Hier ist die Schwarz-Erle nicht auf Flussufern und Feuchtgebiete beschränkt, sondern wächst auch auf den Hängen und Bergrücken. Neben der immergrünen Strauchschicht gibt es stellenweise auch Waldböden, die denen europäischer Buchenwälder (Fagus sylvatica) ähneln, z.B. eine niedrige dornige von Brombeeren (Rubus) gebildete Strauchschicht und einen fast nicht existierenden Unterwuchs. Kletterpflanzen gibt es wenig auf der Orient-Buche, jedoch mehr auf den anderen Baumarten. Die oberen Hänge sind fast täglich in Nebel gehüllt5. Es gibt Wanderwege in beiden Schutzgebieten.

Kaukasus-Tanne (Abies nordmanniana subsp. nordmanniana), Kaukasus-Fichte (Picea orientalis) und Orient-Buche bilden die nächste Höhenstufe2. Der Waldtyp ist den mittel- und südeuropäischen Bergmischwäldern mit Weiß-Tanne (Abies alba), Gemeiner Fichte (Picea abies) und Rotbuche (Fagus sylvatica) ähnlich. Der vielleicht größte Unterschied ist die obengenannte immergrüne Strauchschicht. Im ihrem westlichen Teil umfasst diese Stufe die womöglich höchsten Wälder West-Eurasiens. Der höchste zuverlässig gemessene autochthone europäische Baum ist eine 62,7 m hohe Gemeine Fichte in Slowenien6. Jedoch gibt es Berichte von noch höheren Kaukasus-Tannen aus dem russischen und abchasischen Westkaukasien 7 8 9 10. Die größten Höhen werden mit 85 m 7 und 78 m 8 angegeben. Die letztere wurde von Wladimir Dinets geschätzt; er hat den Schatten des Baumes verwendet11, somit muss die Schätzung sehr ungenau sein; zusätzlich wurde das ganze Gebiet, wo dieser Baum wuchs, bei den Vorbereitungen für die Olympischen Spiele von Sotschi abgeholzt12. Die Höhe von 85 m ist eine alte Messung oder Schätzung vom Buiny-Naturdenkmal; die Einzelheiten der Messung sind nicht mehr bekannt10. Laut diesen alten Daten erreiche die Kaukasus-Tanne im Buiny-Naturdenkmal „oft“ 60–65 m. Neben dem Buiny-Naturdenkmal sollen die höchsten Kaukasus-Tannenwälder sich im mittleren Kischa-Tal des Kaukasus-Naturreservats befinden10. Das im Jahr 1924 gegründete Kaukasus-Naturreservat ist wahrscheinlich eines der großartigsten Naturschutzgebiete der Erde. Zwei Drittel des 2957 km2 großen Reservates sind bewaldet, größtenteils mit einem urwaldartigen Bergmischwald, dominiert von Kaukasus-Tanne und Orient-Buche9. Die Kaukasus-Fichte kommt bevorzugt in etwas trockenerem Klima vor und fehlt völlig im Kaukasus-Naturreservat9. Andere Baumarten sind selten im Tannen–Buchen -Wald, die häufigsten sind Berg-Ahorn (Acer pseudoplatanus) und Spitz-Ahorn (Acer platanoides). Der Holzvorrat ist hoch, lokal bis zu 1800 m3/ha 13. Gewöhnlicher Efeu (Hedera helix) wächst reichlich auf Baumstämmen und Boden. Entlang der Flüsse wachsen Kaukasische Schwarz-Erle und Grau-Erle (Alnus incana).

Unsere Messungen in einer deutsch-russischer Gruppe im Jahr 2018 mit TruPulse 200X -Laser ergaben eine Maximalhöhe von 60,5 m im Kischa-Tal (Bild rechts) und 59.5 m im Buiny-Naturdenkmal. Wir kannten den genauen Standort, wo die allerhöchsten Bäume stehen sollen, nicht, und sehr wahrscheinlich wachsen im Tal auch etwas höhere Bäume. Die durchschnittliche Höhe dieser Kaukasus-Tannenbestände war 45–55 m. Allerdings deuten die Beweise, die wir sammeln konnten, darauf hin, dass die behaupteten extremen Höhen der Kaukasus-Tanne nicht bestätigt werden können. Eine Möglichkeit, das Höhenpotential der Kaukasus-Tanne zu schätzen, wäre die Höhen, welche die Art häufig erreicht, mit den entsprechenden Höhen der gut bekannten Art Gemeine Fichte zu vergleichen. In den höchsten Fichtenwäldern, z.B. im Biogradska-Gora-Nationalpark, im Perućica-Naturreservat und auch in Schluchten des Kirnitzsch-Tals im Nationalpark Sächsische Schweiz (Deutschland) erreicht die Art laut unseren Messungen häufig Höhen von 50–55 m. Dies trifft auch für das Kischa-Tal und das Buiny-Naturdenkmal zu, in denen die Kaukasus-Tanne laut unseren Messungen häufig 50–55 m erreicht. Dies könnte darauf hindeuten, dass die Maximalhöhe der Kaukasus-Tanne ungefähr gleich wie die der Gemeinen Fichte sein könnte, d.h. etwa 61–65 m.

Das Kaukasus-Naturreservat bildet den Hauptteil des UNESCO-Weltnaturerbes Westlicher Kaukasus und ist auch ein UNESCO-Biosphärenreservat. Das Reservat ist wegen seiner über 1000 Wisente, die zwar Mischlinge zwischen Flachlandwisent (Bison bonasus bonasus), Bergwisent (B. bonasus caucasicus) und Amerikanischem Bison (B. bison) sind, besonders bekannt. Im Reservat leben auch hunderte Braunbären (Ursus arctos) und einige wiederangesiedelte Persische Leoparden (Panthera pardus saxicolor).9 Bis auf ein paar viel benutzte Wanderwege darf das Kaukasus-Naturreservat nur mit einer Sondergenehmigung betreten werden, einschließend das Kischa-Tal.

Das Südwest-Nordost-orientierte Lichi-Gebirge in Zentralgeorgien blockiert die feuchten Luftmassen aus dem Schwarzen Meer, sodass das Klima trockener wird2. Die immergrüne Strauchschicht der feuchten westlichen Region fehlt in den trockeneren Waldtypen2.

Von Natur aus wäre das Tiefland östlich des Lichi-Gebirges von Bäumen wie Trauben-Eiche, Hainbuche und Orientalischer Hainbuche bedeckt2.

Die Berghänge sind noch feucht genug für die Orient-Buche. Zusammen mit der Hainbuche bedeckt sie immer noch große Gebiete auf den Südhängen des östlichen Großkaukasus. Zu dieser Stufe gehört das zweitälteste Naturschutzgebiet in der ganzen ehemaligen Sowjetunion1: das im Jahr 1912 gegründete Lagodechi-Naturreservat in Georgien mit seinen schönen unberührten2 Laubwäldern. Seine heutige Fläche ist 179 km2. 30 m hohe Hainbuchen sind häufig; ihre breiten Kronen bilden ein gewölbeartiges Dach über einer gut entwickelten sommergrünen Strauchschicht. Die Orient-Buche erreicht im Lagodechi-Reservat höchstens 40 m. Reichlich Moos wächst auf den Baumstämmen – ein Zeichen des feuchten Klimas. Kletterpflanzen kommen ebenfalls vor. Die Hangwälder haben viele Lücken und Lichtungen, die von dornigen Brombeerdickichten bedeckt sind. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt ca. 1000 mm an den Vorbergen und mehr als 2000 mm an den oberen Hängen14. Die Jahresmitteltemperatur in tieferen Lagen beträgt ca. 12°C. Es gibt viele Wanderwege.

Die oberste Waldzone im gesamten oben beschriebenen Gebiet wird von Krummholz bedeckt, das aus Laubbäumen besteht, vor allem aus Litwinows Birke (Betula litwinowii). Weitere häufig vorhandene Baumarten sind Trautvetters Ahorn (Acer trautvetteri), Vogelbeere (Sorbus aucuparia) und Persische Eiche (Quercus macranthera).

Hohenlagenwald bei ca. 2000 m im Kaukasus-Naturreservat mit Trautvetters Ahorn, Litwinows Birke (weiße Rinde), Vogelbeere (Jungbäume links) und Kaukasus-Tanne

Weiter östlich wird das Klima noch trockener: Vom östlichen Ende Georgiens bis zur Küste des Kaspischen Meeres ist die natürliche Tieflandvegetation Steppe, wird aber größtenteils landwirtschaftlich genutzt.

Weiter südlich zwischen der Südküste des Kaspischen Meeres und dem Elburs-Gebirge befindet sich jedoch eine weitere feuchte Waldregion. Wie in Westgeorgien, gab es auch im Nordiran einen glazialen Refugialraum2. In der ganzen Region wachsen 65–90 Baumarten je nach Quelle und Baumdefinition15 16 17. Die Wälder Nordirans und Westgeorgiens haben viele gemeinsame Merkmale2, aber im Nordiran fehlt aufgrund der trockeneren Sommer die dichte immergrüne Strauchschicht Westgeorgiens. Auch sind die Lianen charakteristisch für den Nordiran. Dornige Strauchdickichte wachsen in den Waldlücken.

Das Flachland entlang der milden Küste des Kaspischen Meeres ist größtenteils für die Landwirtschaft gerodet worden, nur kleine Reste vom ursprünglichen Wald sind erhalten geblieben. Die Bäume sind überwiegend sommergrün, jedoch bildet immergrüner Gewöhnlicher Buchsbaum (Buxus sempervirens) einen wichtigen Teil des Waldes. Kastanienblättrige Eiche (Quercus castaneifolia), Samt-Ahorn (Acer velutinum), Kaukasische Erle (Alnus subcordata), Kaukasischer Flügelnuss, Kaspische Gleditschie (Gleditsia caspica), Seidenbaum (Albizia julibrissin) und Lotuspflaume (Diospyros lotus) sind einige weitere wichtige Baumarten16 18.

Mindestens 1000 km2 der Wälder auf den feuchten Nordhängen des Elburs-Gebirges waren im Jahr 2005 unberührter Primärwald15. Die Niederschlagsmenge ist relativ hoch, über 2000 mm / Jahr im Westen und nimmt nach Osten ab16. Die wichtigsten Bäume an den unteren Hängen sind Kastanienblättrige Eiche, Hainbuche und Parrotie (Parrotia persica). Die nächste Zone ist oft in Nebel gehüllt und von Orient-Buche dominiert. Anders als im Kaukasus, ist die oberste Zone (bis zur Baumgrenze bei 2500–3000 m) trockener, die jährliche Niederschlagsmenge beträgt nur 400–600 mm mit einer 4-monatigen Trockenzeit; sie ist von niedrigen Beständen aus Persischer Eiche und Orientalischer Hainbuche dominiert. Traditionell weiden im Frühjahr und Sommer Rinder auf den trockenkühlen oberen Bergrücken und werden dann im Herbst und Winter unten an der Küste gehalten; folglich sind die am besten erhaltenen Wälder in der feuchten und oft steilen Orient-Buchenzone.16 Im Jahr 2019 wurde das UNESCO-Weltnaturerbe „Hyrkanische Wälder“ (insgesamt 1295 km2) aus 15 nordiranischen Waldgebieten gegründet19. Auch der Hirkan-Nationalpark (404 km2) in der südöstlichen Ecke Aserbaidschans gehört zur gleichen Waldregion.

Die trockenen Südhänge des Elburs-Gebirges waren ursprünglich von offenem Wald bedeckt, mit Persischer Wacholder (Juniperus excelsa subsp. polycarpos) als Hauptbaumart, aber dieser ist größtenteils gerodet worden18.

KR & TM

Referenzen:

  1. Krever, V. et al. (Eds.) 2001: Biodiversity of the Caucasus Ecoregion. An Analysis of Biodiversity and Current Threats and Initial Investment Portfolio. WWF.
  2. Nakhutsrishvili, G. (2013): The Vegetation of Georgia (South Caucasus). Springer.
  3. http://www.ents-bbs.org/viewtopic.php?f=144&t=6804
  4. Memiadze, N. et al. (2013): Flora of Mtirala National Park. International Caucasian Forestry Symposium.
  5. Mtirala National Park administration, Pers. Mitteilung (2014).
  6. https://www.monumentaltrees.com/de/
  7. IUCN (1999): World Heritage Nomination – IUCN Technical Evaluation: Western Caucasus (Russian Federation).
  8. https://www.conifers.org/
  9. Pers. Mitt.
  10. Kaukasus-Naturreservat E-Mail 2018
  11. Dinets, W. E-Mail 2011
  12. Dinets, W. E-Mail 2018
  13. http://www.zapoved.net
  14. http://enrin.grida.no/htmls/georgia/soegeor/english/biodiv/reserves/lagodekh.htm
  15. Knapp. H. D. (2005): Die globale Bedeutung der Kaspischen Wälder. In Nosrati, K et al. (Ed.): Schutz der Biologischen Vielfalt und integriertes Management der Kaspischen Wälder (Nordiran). Bundesamt für Naturschutz.
  16. Sagheb Talebi, K., Sajedi, T. & Pourhashemi, M. (2014): Forests of Iran. Springer.
  17. Seifollahian, M., Rastaghi, M. E. & Hedayati, M.-A. (2005): Die Bedeutung der Pflanzenarten der Kaspischen Wälder. In Nosrati, K et al. (Ed.): Schutz der Biologischen Vielfalt und integriertes Management der Kaspischen Wälder (Nordiran). Bundesamt für Naturschutz.
  18. Bobek, H. (1951): Die natürlichen Wälder und Gehölzfluren Irāns. Geographisches Institut Universität Bonn.
  19. http://whc.unesco.org/en/list/1584